Beratung

Die KLV Beratungsstelle steht allen Mitgliedern des KLV offen. Dabei unterscheiden wir zwischen rechtlicher und pädagogisch / persönlicher Beratung. Wir empfehlen bei Fragen oder Problemen eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Beratungsstelle des KLV.

Reglement 

Rechtliche Beratung

Bei rechtlichen Fragen oder Problemen unterstützt der KLV seine Mitglieder. 

Für rechtliche Angelegenheiten ist die Geschäftsstelle des KLV zuständig.

KLV-Geschäftsstelle
Davidstrasse 46
9000 St. Gallen
T +41 79 905 26 59
infonoSpam@klv-sg.noSpamch

Der KLV ist in der Regel am Montag- und Mittwochnachmittag von 14:00 bis 17:00 Uhr telefonisch erreichbar. Am einfachsten und schnellsten ist eine Kontaktaufnahme per Mail.

Pädagogische und persönliche Beratung

Unser professionelles Team berät Sie in pädagogischen, persönlichen und anderen Anliegen rund um den Schulalltag.

Bei einem Erstgespräch geht es um eine erste Beratung und Triage. Es sollen Lösungsansätze gefunden und wenn nötig mögliche weitere Beratungsformen gefunden werden. Ebenso ist es denkbar, dass eine Weiterleitung an Drittpersonen (Supervision, Therapie, Rechtsberatung) stattfindet. Ein Erstgespräch im Umfang von ein bis eineinhalb Stunden ist für die Mitglieder des KLV kostenlos.  

Falls sich aus dem Erstgespräch eine Praxisberatung (z.B. Beratung, Supervision, Teamentwicklung, Coaching, usw.) ergeben sollte, werden bis zu 10 Stunden durch den KLV mitfinanziert.  Bei mehr als 10 Stunden gehen die Kosten ganz zulasten des Mitglieds. In speziellen Situationen kann für eine allfällige spezielle Finanzierung vorgängig mit dem KLV-Präsidium Kontakt aufgenommen werden.

Das Beratungsteam bietet auch die Begleitung zu schwierigen Gesprächen mit Vorgesetzten oder Behörden. Eine einmalige Begleitung an ein Gespräch ist für KLV Mitglieder kostenlos.

Sie können sich telefonisch oder per Mail an folgende Personen wenden:

Schmid Rita

Mediatorin SVFM / SDM
Supervisorin / Coach bso
Psychologische Beraterin
Primarlehrerin

071 350 03 84
beratungnoSpam@rita-schmid.noSpamch
www.rita-schmid.ch

Rita Schmid
Marktgasse 32
9500 Wil

Bodenmann Walter

Supervisor / Coach bso
psychologisch-pädagogischer Berater
Primarlehrer

071 / 220 71 04
infonoSpam@walterbodenmann.noSpamch

www.walterbodenmann.ch

Walter Bodenmann
Wiesenstrasse 14
9000 St. Gallen

Pedro Oliveras

Psychosynthese Ausbildung
Schulberater Mittelschule Wattwil
Mittelschullehrer

079 / 600 77 18
pedro_oliverasnoSpam@hotmail.noSpamcom


Pedro Oliveras
Aubrigstrasse 25
8645 Rapperswil-Jona

Die Beratung hat das Wort - Rita Schmid (April 2024)

Liebe und Macht,  wie verträgt sich dieses Paar?

 

„Lieblosigkeit macht krank“, so ein Buch von Hirnforscher Gerald Hüther.

 

Was haben Macht, Selbst-Ermächtigung und Liebe miteinander zu tun? Darüber würde ich gerne mit Ihnen nachdenken.

Das Wort Macht ist bei uns meist negativ geprägt. Dies, weil  Macht oft zum Eigennutz dient. Das wird uns in politischen Situationen weltweit im Moment zur Genüge vor Augen geführt.

 

Interessant zu wissen ist, dass im Französischen „Macht“ mit „pouvoir“, „können“ übersetzt wird - also etwas können. Da stellt sich die Frage, wie ich das, was ich kann, ausführe und welche Werte mir dabei wichtig sind.

 

Die heutige Weltlage, in der ich mich oft ohnmächtig fühle, führt mich zu folgendem Nachdenken:

Wie komme ich zu mehr Selbst-Ermächtigung, zu mehr Selbst-Wirksamkeit, zu Liebe, die wirksam weitergegeben werden kann? Das mag für Sie möglicherweise etwas altmodisch tönen.

Vielleicht haben Sie aber auch schon gedacht, so kann es doch nicht weiter gehen.  Was ist denn da ver-rückt? Solche Fragen machen auch nicht halt vor unseren Schulen. So stelle ich es jedenfalls in meinen Beratungen mit Lehrpersonen fest.

Meiner Ansicht nach sind es bestimmte Werte die ver-rückt sind. Lügen beispielsweise ist salonfähig geworden, vorab in der Politik. Um Macht zu haben oder zu behalten, ist bei gewissen Menschen beinahe jedes Mittel recht. Und wir stehen dem anscheinend machtlos gegenüber.

Oft höre ich den Satz, es kann nur jede(r) bei sich selbst anfangen. Das würde heissen: Wie gestalte ich meine kleine Welt in der ich lebe? Welche Werte sind mir wichtig? Und wie kann ich z.B. als Führungs- oder Lehrperson eine gute Entwicklung fördern, wenn ich bei mir selbst anfangen soll?

Das Buch von Hirnforscher Gerald Hüther „Lieblosigkeit macht krank“, hat mich zu folgenden weiteren Gedanken geführt. Ganz am Ende des Buches schreibt er:

„Im Gegensatz zu Robotern und Automaten haben wir Menschen tief in uns angelegte lebendige Bedürfnisse...“

Er sagt weiter, dass es wichtig ist, unsere Bedürfnisse und inneren Botschaften ernst zu nehmen, um unsere innere Lebendigkeit zu erhalten und authentisch zu sein.

Das führt zur Frage:

Wie gehen wir denn mit uns selbst, mit unseren Bedürfnissen und allem Lebendigen in uns um?

Und wem dienen meine Bedürfnisse? Allein mir? Oder auch einem „grösseren Ganzen“? Oder nehme ich meine Bedürfnisse gar nicht wahr und weshalb?

 

Jede Führungs-, jede Lehr- und Erziehungsperson hat Macht, rein von ihrer Stellung her.

Macht haben, im Sinne von etwas können, kann durchaus positiv sein. Eine Lehr- oder  Führungsperson wird gewählt, weil sie etwas kann. Die Frage ist nur, wie sie mit dem, was sie kann, umgeht.

 

Wie Macht unterschiedlich genutzt werden kann, zeigen folgende zwei Aussagen:

„Macht ist, wenn ich das Sagen habe“,        oder

„Macht entspringt der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln oder etwas zu tun, sondern sich mit anderen zusammen zu schliessen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln.“   Hannah Arendt

Da erübrigt sich ein Kommentar.

 

Meines Erachtens braucht eine Führungsperson sowohl eine gesunde Selbst-Ermächtigung als auch eine natürliche Führungskraft, die u.a. zu mehr Selbst-Ermächtigung anderer führt.

 

Ohne religiös zu sein, stelle ich die Frage in den Raum: Was heisst denn „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst“?(NT)  Heute wird das so übersetzt, dass zuerst die Selbstliebe stattfinden muss, damit ich danach den Nächsten lieben kann, so, wie ich auch sorgsam mit mir selber umgehe und mich selber ernst nehme.

Darauf hin zielt Gerald Hüther, wenn er sagt, Lieblosigkeit mache krank. Er geht in seinem Buch vor allem von der fehlenden Achtsamkeit und Liebe zu sich selbst aus, die krank macht. Damit wir zu dieser Liebe kommen, ist es wichtig, dass wir unsere wahren Bedürfnisse und Gefühle, die zu unserer inneren Lebendigkeit führen, kennen. Dabei helfen Stille-Zeiten, z.B. im Wald, in den Bergen, an einem Gewässer oder auch Übungen,  wie Meditation, Yoga u.a.m.

Unter Dauerstress ist es schlecht möglich, gut bei sich selbst zu sein. Wir wissen, dass das zu einem Burnout führen kann. Damit wir Stress wirkungsvoll entgegen treten können, müssen wir der Frage nachgehen, was uns denn stresst?

Oft höre ich von Lehrpersonen:

. Unruhige, zappelige oder auch freche Kinder und dies vor allem dann, wenn die Eltern nicht kooperieren

. oder wenn Eltern gar schlecht von der Lehrperson reden

. fehlende Unterstützung als Lehrperson

. zu hohe und zu viele Erwartungen

. komplexe, schwierige Beziehungsgeschichten u.a.m......

 

In meinen Beratungen stellen wir immer wieder fest, wie wichtig ein gutes Miteinander ist, ganz im Sinne von Hannah Arendts Worte zum Thema Macht.

 

Wir sollten uns auch immer wieder reflektierend die Frage stellen: Wem dient das, was ich  gerade mache?

Und : Ist das, was ich mache und anordne, entwicklungsfördernd und für wen?

Und: Wie viel Anleitung/Anordnung ist für wen wichtig, damit eine gute Entwicklung stattfinden kann?

 

Das bedeutet, dass immer wieder situativ eine Ausgangslage neu betrachtet werden muss.

 

Wenn ich so „die Macht“, die mir gegeben ist, nutze, bin ich sorgfältig unterwegs.

Wichtig auch: Nicht jedes Kind, nicht jeder Mensch braucht gleich viel Führung und Kontrolle.

 

Haim Omer, Bücherautor und Seminarleiter zu Führungs-und Erziehungsfragen sagt, es braucht auch eine wachsame Sorge. Gerne ergänze ich diese Aussage mit:

Es braucht eine wachsame Sorge mit einem liebevollen Blick auf sich selbst und unsere Mitmenschen.

 

Ich wünsche Ihnen viel Freude in Ihrer anspruchsvollen Führungsaufgabe.

Rita Schmid

www.rita-schmid.ch

Die Beratung hat das Wort - Pedro Oliveras (Oktober 2023)

Eine ideale Beratung

Jedes Jahr wenden sich Lehrerinnen und Lehrer aller Stufen mit ihren Anliegen an uns, das KLV-Beratungs-Team. Oftmals suchen sie erst den Kontakt, wenn sich die Krise bereits stark entwickelt hat, zum Beispiel wenn bereits eine Kündigung angedroht wurde.

Hier möchte ich eine positive Ausnahme schildern:

Eine Lehrerin hat mich kontaktiert, weil sie sich am Rande eines Burnouts befindet. Ihr 80%-iger Arbeitsaufwand in der Schule, ihre Familie mit kleinen Kindern, die zahlreichen zusätzlichen Verpflichtungen («Ämtli») und die schwierige Beziehung zur Schulleitung belasten sie zunehmend. Ihre Energieressourcen sind einfach erschöpft.

Es sind nur noch wenige Wochen bis zu den Sommerferien, als ich mich mit Bettina[1] treffe. Wir nehmen all ihre Verpflichtungen unter die Lupe und analysieren, wie belastend oder aufbauend sie sind. Schliesslich erarbeiten wir gemeinsam einen Plan, um einige ihrer Aufgaben zu reduzieren.

Bei einem zweiten Treffen kurz vor den Ferien ziehen wir eine Zwischenbilanz. Bettina ist positiv überrascht, wie verständnisvoll ihr Umfeld auf die Offenlegung ihrer aktuellen Überforderung reagiert hat. Sie erhält nun mehr Unterstützung von ihrer Familie, kann einige Aufgaben im Schul-Team delegieren und hat als Präsidentin eines Vereins die Planung des nächsten Jahrestreffens an ihren Kassierer abgegeben. Ich zeige ihr auf, dass viele ihrer Belastungen im nächsten Schuljahr bereits deutlich reduziert sind. Das tut ihr gut, und sie kann merklich aufatmen.

In einer dritten Sitzung widmen wir uns ihrer Beziehung zur Schulleitung. Wir erforschen, was genau sie so sehr stört. In einer angeleiteten Übung reflektiert Bettina über ihre eigenen Stärken und Schwächen und kann schließlich eine wohlwollendere Haltung gegenüber der Schulleitung einnehmen. Nicht zuletzt sieht sie es nicht mehr als ihre alleinige Verantwortung, die Situation in der Schule zu verändern.

In einem TEAMS-Video-Call vier Wochen nach Schulbeginn im August berichtet Bettina mir von ihren Erfahrungen im neuen Semester. Die allermeisten Dinge haben sich positiv entwickelt. Sie fühlt sich wieder leistungsfähig und in Kontrolle über ihre Situation. Sie bedankt sich für die einfühlsame und konstruktive Unterstützung.

Dies war ein rundum befriedigendes Coaching. In nur wenigen Sitzungen ist es gelungen, die Situation zu entschärfen und Bettina aus ihrer Ohnmacht und Überforderung in die Selbstwirksamkeit zu führen.

Nun zu meinen provokativen Fragen:

Warum gibt es beim KLV St. Gallen pro Jahr rund 250 Anfragen für rechtliche Beratung, aber nur rund 10 Anfragen für persönliche/psychologische Unterstützung? Warum wenden sich so wenige Lehrpersonen an uns vom Beratungs-Team, wenn ihre Probleme noch kleine Strohfeuer sind, die durch gezielte Interventionen gelöscht werden könnten?

Es liegt an den Mitgliedern des KLV St. Gallen, die angebotenen Beratungs-Dienstleistungen auch frühzeitig zu nutzen.

Wir sind bereit.

Für das Beratungs-Team des KLV St. Gallen

Pedro Oliveras

 

 


[1] Der geschilderte Fall beruht auf einer tatsächlichen Beratung. Die Details wurden aber zum Persönlichkeitsschutz anonymisiert und leicht verändert. Der Name ist frei erfunden.

 

Die Beratung hat das Wort - Walter Bodenmann (Juni 2023)

Kulturgespräche und Fachkräftemangel

Nebst dem Fachkräftemangel beschäftigt in jüngster Zeit die Medien in unserem Kanton gerade die Schlagzeilen von hohen Fluktuationen in verschiedenen Schulhäusern. Zudem sei es schwierig, gute Schulleitungen zu finden. Ja, natürlich ist dies schwierig! Mit allem Respekt, im Kanton St.Gallen gibt es rund 270 Schulleiterinnen und Schulleiter. In den Medien werden nun ein paar wenige, die im Alltag mit massiven Konflikten konfrontiert werden, in den Fokus gerückt.

Die restlichen gut zweihundertsiebzig werden aussen vorgelassen. Ja natürlich sind gute Führungspersonen gesucht. Nicht nur in der Schule. Doch es arbeiten viele sehr gute Schulleiterinnen und Schulleiter in unseren Schulen. Sie sind jetzt gerade tätig und stellen sich auch heute wieder den vielfältigen alltäglichen Herausforderungen.

 

Es liegt mir fern, hier zu verurteilen. Doch in meiner Arbeit bin ich immer wieder mit Situationen und Personen konfrontiert, wo schnell Schuldzuweisungen stattfinden und das eigene Handeln, Tun und vor allem die eigene Haltung und Kommunikation nicht oder zu wenig hinterfragt werden. Ja natürlich sind wir alle nicht perfekt und es passieren Unzulänglichkeiten, Fehler und dadurch leider auch Verletzungen. Dies auf beiden Seiten. Gerade im Umfeld der Schule, wo mit und für Menschen gearbeitet wird, ist dies nicht zu vermeiden. Unterschiedlichkeiten in Werten, Normen und Vorstellungen können zu Konflikten führen. Ebenso sind die verschiedenen Erwartungen und Bedürfnisse eine Herausforderung, die einen permanenten Dialog fordern. Dies auf der Ebene der Kinder, der Eltern, mit den Kolleginnen und Kollegen, sowie mit der Leitung.

 

Wenn wir uns diesen Themen, Unterschiedlichkeiten und gegenseitigen Vorstellungen stellen, dann erst ist es möglich, Eskalationen zu vermeiden und die Zusammenarbeit immer wieder zu justieren und anzugehen. Im Rahmen der Einführung des LP 21 der Volksschule wurde in allen Schulen eine Standortbestimmung eingefordert. Dies nicht nur deshalb, weil dies eine Ausgangslage ist, um die nächsten Schritte in einer Entwicklung einzuleiten. Eine implizite Absicht war, dass alle Beteiligten einer Schule realisieren können, wie hilfreich es sein kann, wenn ein Dialog im Team und eben auch über unsere Arbeit stattfindet. Damit wird eine Reflexion eingefordert und ermöglicht. Über unsere Zusammenarbeit, unseren Stand in der Arbeit, unsere Ziele und Absichten. Schlussendlich über die Kultur in unserer Schule. Mit der Schulleitung, mit dem Team und wer weiss, vielleicht auch mit dem Schulrat, den Behörden.

 

An dieser Kultur des Dialoges muss meiner Ansicht und Erfahrung nach permanent gearbeitet werden. Es genügt nicht, sich einmal damit auseinanderzusetzen und zu meinen, damit wäre es dann für die nächsten Jahre getan. Genauso wie Klassengespräche, Absprachen und Themen der Zusammenarbeit in einem Teamteaching, in Stufen usw. in regelmässigen Abständen dazugehören, ist es notwendig, diese Kultur im ganzen Schulhaus anzuschauen und eventuell anzupassen. Dazu braucht es die Bereitschaft aller. Hilfreich dabei ist, dass solche Kulturgespräche fix im Jahresplan verankert sind. Auf der Ebene der Einzelpersonen, von Gruppen, Tandems und Teams. Die Reflexion der eigenen Rolle und Aufgabe gehört meines Erachtens genauso zum Bildungsauftrag, wie die Auseinandersetzung mit dem Lehrauftrag. Viele soziale Institutionen haben dies längst erkannt und Supervision, Standortgespräche und Praxisreflexion sind fixer Bestandteil des Auftrages. Die Schule tut sich damit aus meiner Optik immer noch schwer. Erst wenn die Eskalation so weit fortgeschritten ist, dass es offene Konflikte gibt, wird die Dringlichkeit erkannt. Leider oft zu spät. So, dass diese dann in der Öffentlichkeit ausgetragen werden.

 

Ich plädiere für den Austausch für eine Kultur des Dialoges, der Platz hat für die Themen, die auch Unterschiedlichkeiten der Meinungen und Haltungen zulässt. Gefässe, die die Zusammenarbeit auch in den verschiedenen Hierarchien zum Thema machen und so mögliche Konflikte angehen und Themen aufnehmen. Aus und in allen Stufen und Gruppierungen. Erwartungen und Befürchtungen müssen offen und transparent geklärt werden, damit diese nicht im Geheimen wirken und dann unkontrolliert ausbrechen. Diese Kulturgespräche brauchen Zeit, Geduld und den Willen, diese umzusetzen. Sie sind kein Garant für ein glückliches und konstruktives Miteinander. Doch es hilft. Es hilft.

 

Und dies wird schon in vielen Schulen unseres Kantons mit rund 130 Schulträgern umgesetzt und ich freue mich darüber.

 

Herzlich Walter Bodenmann

Die Beratung hat das Wort - Rita Schmid (Februar 2023)

Ist Wandel nötig?

Liebe KollegInnen

“Wer könnte in dieser Welt leben, hoffen und sterben, wenn der Raum nicht mit Liebe gefüllt wäre?”

 

Diesem Satz bin ich in einer Retraite begegnet, und er hat mich zum Artikel geführt, den ich nun für den KLV schreibe zum Thema: Was beschäftigt Lehrpersonen, die zu mir in die Praxis kommen?

Burnout, Überforderung durch anstrengende Kinder und Eltern sind Themen aber auch überfordernde Erwartungen von Vorgesetzten, Eltern und Behörden, multiple Schwierigkeiten im Umgang mit verschiedenen Kulturen und deren Auswirkungen in der Schule. Beispiel: Plötzlich steht ein Kind im Schulzimmer, das absolut kein Deutsch kann. Oder: Wie weit ist Planung im Unterricht möglich? u.a.m.

Ich habe das 2022 neu erschienene Buch “Der Sokratische Eid” von Klaus Zierer vor mir, ein Handbuch für Lehr- und Erziehungspersonen.

Darin steht u.a. (S.6/7), dass die Lehrperson sich verpflichtet :

. nicht nur Wissen und Können zu vermitteln, sondern alle Bereiche der Persönlichkeit des Kindes in den Blick zu nehmen    und zu fördern  und

. jegliche Interessen und Forderungen an Schule und Unterricht, die nicht in erster Linie dem Wohl des Kindes entspringen, kritisch zu hinterfragen, gegebenenfalls auch öffentlich anzuklagen und zurückzuweisen.... und Vieles mehr.

Es lohnt sich, dieses Buch zu lesen.

Wenn man allein die erwähnten zwei Punkte ernst nehmen will, verstehe ich, dass eine Lehrperson an ihre Grenzen stossen kann. Die Hintergründe vieler Kinder sind oft schwierig: Überforderte und ängstliche Eltern, Eltern und Kinder mit Kriegserfahrungen und möglichen Traumata, mangelndes Geld, Eltern, die sich nicht mitteilen können oder nicht so, dass es dienlich ist, Menschen und Behörden, die immer noch finden, dass der Lehrerberuf ein Schoggi-Job sei. Weshalb haben wir dann einen so grossen LehrerInnen-Mangel? Bestimmt, bei genügend Raum und Zeit gehört auch für mich dieser Beruf immer noch zu einem der sinnvollsten und schönsten.

Kürzlich diskutierte ein LehrerInnen-Team bei mir, ob 100% unterrichten überhaupt noch seriös umgesetzt werden kann.

Die Frage stellt sich: Wie kann ich bei all den Erwartungen eine gute Lehrperson sein? Wie kann ich selbst  ein gutes Vorbild sein, so, dass das Kind sich gerne an die Zeit bei mir zurück erinnert? Wie kann ich dem Kind einen Weg eröffnen, dass es seinen Weg finden kann? Dass es seine Qualitäten, sein Potenzial entfalten kann? Bei so viel unterschiedlichen Kindern mit so viel unterschiedlichen Hintergründen? Oder: Wie können wir Kinder und Jugendliche Literatur, Mathematik, Musik, Natur  entdecken lassen - und das mit Freude?  Wenn zugleich jedes dieser Kinder andere Bedürfnisse hat? Eines ist sicher: Je mehr Kinder einer Lehrperson anvertraut werden, desto schwieriger wird das. Und je mehr die Lehrperson mit Adminitstration und nicht mit der eigentlichen Kernarbeit, nämlich der Zuwendung zum Kind und dem Interesse am Kind, beschäftigt wird, desto schwieriger wird es für jede Lehrperson sich einem “Sokratischen Eid” zu verpflichten. Als Supervisorin, die auch für Spital- und Pflegepersonal arbeitet, finde ich da eine Parallele: Viele Pflegepersonen stehen unter dem Dauer-Druck, ihren PatientInnen nicht die nötige Zuwendung geben zu können, die sie bräuchten. Ich kann nur von Lehrpersonen sprechen, die zu mir in die Praxis kommen. Auch da sehe ich Menschen, die sich überfordert fühlen, weil sie nicht das geben können, was sie möchten oder was man von ihnen erwartet.

Da stellt sich irgendwann die Frage: Wie gut ist die Selbst-Fürsorge der Lehrperson? Wie kann eine Lehrperson nicht nur gut zu den ihr anvertrauten Kindern schauen, sondern auch zu sich selbst? Wie erzielt sie genügend Standhaftigkeit gepaart mit notwendiger Nachsicht und Flexibilität? Und wie kann sie schliesslich bei all den grossen Anforderungen auch Güte und Liebe verbreiten? Und: Ist das alles überhaupt noch möglich?

Freiheit, Verbundenheit und Liebe sind kulturübergreifende  Werte und Bürfnisse aller Menschen (ein Lehrerkollege fragte einmal seine Unterstufenkinder, was für sie Sinn im Leben gäbe - wichtig sei im Leben. Das meist genannte Wort war: Liebe).

Wo stehen Sie, wenn Sie sich fragen, wieviel Freiheit Sie für ein authentisches Umsetzen Ihrer Aufgaben haben oder wieviel Verbundenheit zu Ihren KollegenInnen für Sie spürbar ist - und Liebe? Oder ist das alles zu hoch?

Da stellt sich meines Erachtens dieselbe Frage, wie in der Wirtschaft  und der Pflege: Wo ist Wandel angebracht oder gar nötig?

Ich bin überzeugt, wenn wir uns solchen Fragen offen und ehrlich stellen, werden wir auch fähig, den so eminent wichtigen LehrerInnenberuf wieder attraktiver zu machen. Ich wünsche Ihnen viel Freude und Erfüllung bei Ihrer Arbeit und danke Ihnen für all das Gute, das Sie leisten für unsere Zukunft.

 

Rita Schmid, Supervisorin/Mediatorin/Coach/Seminarleiterin